Ganeshas Geburtstag

Sairam, ihr Lieben,

Ganesha wird nach seinem Geburtstag, Ganeshchaturti, bis zu zehn Tage lang verehrt, ehe er in Seen oder Flüssen versenkt wird – Symbol für die Auflösung der Form in die Formlosigkeit.
Hier in Prashanti wurden nach dreitägiger Verehrung die Ganeshas der verschiedenen Aschrameinrichtungen am 15.9. in Prozession zum Mandir gebracht, vor ihnen wurde getanzt und Arathi gegeben. Auch im Dorf fand man an vielen Straßen und Ecken Ganeshapandals, wo getanzt, Musik gespielt und natürlich Prasad ausgeteilt wurde. Es ist eine fröhliche, lebendige Zeit, die jeden einbezieht und einen jeden erfreut.
Während jeder Gottliebende seine eigene Gottheit wählen kann, die Form, die ihm am nächsten steht und seinem Herzen lieb ist, gibt es im Hinduismus eine Gottheit, die darüber hinaus von jedem verehrt und geliebt wird: der elefantenköpfige Gott Ganesha, auch unter vielen anderen Namen wie Ganapati, Vinayaka, Vigneshvara usw. bekannt.
Ein Grund für die Beliebtheit dieser Gottheit ist seine Vielseitigkeit; er beseitigt  Hindernisse in jedem Aspekt des Lebens, ob spirituell oder weltlich, und wird sowohl von spirituellen Suchern als auch von Leuten, die weltlichen Erfolg suchen, verehrt. Ganesha ist immer glücksverheißend und bringt Segen. Außerdem ist diese Gottheit nicht wie manch andere Gottheiten durch Vorschriften der Ikonografie gebunden, und deshalb findet man Ganesha in allen Lebenslagen und Kostümen dargestellt - der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Das geschieht besonders in der Festzeit von Ganeshas Geburtstag (August oder September), wo er zum Abschluss in Prozession durch die Straßen geführt wird. Ob Ganesha liest, schreibt, tanzt oder ein Handy in der Hand hält, wie bei früheren Prozessionen in Prashanti im Flugzeug sitzt, in einem Boot rudert, auf der Weltkugel sitzt oder in einer Konditorei Eis schleckt, oder wie in diesem Jahr auf einem Drachen reitet oder in einer Rakete ins All geschossen wird - Ganesha ist und bleibt Ganesha. Sein Wesen ist in allen Lebenslagen unveränderlich. Das deutet darauf hin, dass Ganesha letztlich stellvertretend für das göttliche, allem innewohnende Prinzip in all seinen Ausdrucksformen steht.

Ganesha Prozession im Mandir

Ganesha ist das Kind von Shiva und Parvati. Seine Entstehungsgeschichte (es gibt natürlich auch hier verschiedene Versionen)  ist sehr ungewöhnlich und erscheint vor allem dem westlichen Verstand eher fremd, gar absurd. Sie spielt am Berg Kailasch, dem Wohnsitz von Shiva und Parvati. Shiva war außer Haus und seine Gemahlin Parvati wollte ein Bad nehmen. Aus Tonerde, oder, einer anderen Version nach, dem abgestreiften Schmutz ihres Körpers, erschuf sie die Figur eines Kindes und hauchte ihm Leben ein. Diesem Kind gab sie die strikte Anweisung, niemanden  ins Haus zu lassen, während sie ihr Bad nahm.
Parvatis Gemahl Shiva kam zurück und wollte das Haus betreten. Ganesha folgte der Anweisung Parvatis und verwehrte Shiva den Einlass. In dem darauffolgenden sich immer mehr zuspitzenden Konflikt tötete Shiva das Kind, indem er ihm den Kopf abhieb. Eine untröstliche Parvati bestand darauf, dass ihr Sohn zum Leben erweckt würde. Shiva schlug jetzt einem Elefanten den Kopf ab, setzte ihn auf Ganeshas Körper, gab ihm sein Leben zurück und so wurde Ganesha zum elefantenköpfigen Sohn von Shiva und Parvati.
Diese Geschichte hat natürlich eine innere Bedeutung. Parvati steht für Prakriti, die Natur, Shiva ist der Herr der Welt, das kosmische Bewusstsein. Der erdgebundene Sohn von Parvati  symbolisiert mit seinen Unreinheiten den Egomind mit seinen Dualitäten und Begrenzungen. Er kann in seiner Anhaftung und Arroganz Shiva, das kosmische Bewusstsein, nicht erkennen und gewährt ihm in seiner egogebundenen Welt keinen Zutritt. Shiva schlägt den Kopf ab, symbolisch: er beseitigt das unerleuchtete Ego und ersetzt ihn durch den Kopf eines Elefanten, symbolisch für Kraft, Weisheit und höhere Intelligenz.

Tanz im Mandir zur Ganesha Prozession

Dieser transformierte Sohn von Natur (Parvati) und kosmischem Bewusstsein (Shiva) wird jetzt aufgrund der Weisheit, die er nach der Transformation an den Tag legt, zum Führer von Shivas Heerscharen (gana) gemacht und erhält von Shiva die Gunst, vor jeder anderen Gottheit angebetet zu werden. Der Elefant symbolisiert außerdem Stärke und hat die Kraft, jedes Hindernis aus dem Weg zu räumen. So wurde Ganesha der Gott, der alle Hindernisse beseitigt, alle spirituellen Kräfte besitzt und einem Weisheit und Unterscheidungsvermögen verleihen kann. Und diese Weisheit und Intelligenz befähigt einen wiederum dazu, alle Hindernisse zu überwinden.
Swami hat eindringlich gemahnt, die Verehrung Ganeshas nie aufzugeben. Wieso? In Swamis eigenen Worten: „Ganapati verkörpert verschiedene Energieformen und Kräfte. Er verkörpert alle Intelligenz, und in Wirklichkeit ist alles Wissen Saraswatis in seinem Bauch enthalten. Ganapati symbolisiert zugleich verschiedene Arten des Wohlstandes. Nicht nur das. Wenn wir, ehe wir irgendeine Aufgabe beginnen, zu Ganapati beten, werden wir keine Probleme und Hindernisse haben….Ganapati verleiht unserem Leben alle Segen bringenden Dinge. Ganapati gewährt jedem verschiedene Formen des Wohlstands. Ganapati gibt euch Unterscheidungsvermögen und Weisheit. Er hilft, dass eure Intelligenz zunimmt.“ (25.8.1998) Natürlich hat Swami in anderen Ansprachen erklärt, dass Vinayaka nicht außerhalb von uns, sondern in uns selbst ist.
Die Verehrung Ganeshas ist nicht nur auf Indien beschränkt. Ganeshastatuen und –tempel finden sich in den meisten asiatischen Ländern, aber auch außerhalb, und Ganesha wird schon in  den Veden erwähnt.

Alles Liebe von hier
Susan Boenke

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