Die Autorin ist Mitbegründerin der Sathya Sai Vereinigung und seit den Anfängen der Sai-Bewegung in Deutschland (1982) aktiv mit dabei. Ihr Buch enthält eine Briefe-Sammlung und autobiografische Skizzen dieser Zeit, aufbewahrt in den Schubladen der Erinnerung. Damit gelingt ihr eine fesselnde Darstellung ihrer Begegnungen mit Sathya Sai Baba. Heute mögen Briefe zwar aus der Mode gekommen sein und fast museal anmuten – aber sie fesseln gerade, weil sie authentisch den Zeitgeist wiedergeben, in dem sie entstanden sind.
Milena Kunz-Bijno nennt das Buch im Untertitel "Stationen einer spirituellen Suche". Das trifft den Kern der Geschichte. Mit jeder Station ist auch eine Wandlung, ein tieferes Verständnis, was der Sinn einer solchen Suche ist, verbunden. Sie zeigt eindrücklich, dass es nicht möglich ist, diesen Weg zu gehen, ohne sich dabei zu verändern. Gleichzeitig ist das Buch sehr spannend geschrieben.
Auszug aus dem Buch:
ln tiefer Nacht kamen wir in Neu-Delhi an, gerade zur heißesten Jahreszeit. Es war Anfang Juni und die nächtlichen Temperaturen überstiegen die 40 Grad. Ich erkannte sofort den Duft des Subkontinents wieder und dankte für die glückliche Landung. Gestartet von eine2.400 Meter hohen Hochebene in Südamerika war ich nunmehr im Land meiner Träume gelandet, mit einem Reisegepäck voller ungelöster Probleme, voller Hoffnungen und einer Segnung. Vor mir lagen 18 Tage, um herauszufinden, was ich mit dem Rest meines Lebens anfangen sollte.
Das Prozedere für die Einreise war lästig und langwierig. Als ich endlich an der Reihe war, zeigte ich dem Zollbeamten meinen Diplomatenpass. Er drehte und wendete ihn, ging jedes Blatt durch, kontrollierte alle Stempel und fragte mich schließlich: "Wo ist der Impfnachweis für Gelbfieber?" "Gelbfieber?", fragte ich verblüfft. "Warum?" "Weil Sie aus einem südamerikanischen Land kommen und für Indien einen Impfnachweis brauchen", antwortete der Beamte in aller Ruhe. Ich schaute ihn voller Entsetzen an. "Entschuldigung, aber wenn ich ihn nicht habe, was passiert dann?" "Entweder kehren Sie nach Deutschland zurück oder Sie bleiben hier bei uns 14 Tage in Quarantäne." Dann rief er einen Polizisten und zeigte auf mich.
Ich wurde in einen Raum begleitet, um dort auf die Ankunft eines Polizeiwagens zu warten. Mit meinem Gepäck brachte man mich zu einem Quarantäne-Krankenhaus, streng überwacht von bewaffneten Polizisten. War ich in einem Albtraum? Sollte mir das wirklich passieren? Müde, benommen und nicht mehr in der Lage, zu denken, war ich nur noch ein Bündel von Erschöpfung, Enttäuschung, Wut und Skepsis. Wie ein Kartenhaus fielen alt meine Hoffnungen zusammen, und die Enttäuschung brannte wie glühendes Eisen. Hatten alle meine Anstrengungen der letzten Monate nur dazu geführt, in einer Zelle der Gesundheitspolizei zu enden?
Es war gegen vier Uhr morgens. Inzwischen hatte ich mich informiert, wie lange ein Impfzertifikat für Gelbfieber Gültigkeit hat. "Zehn Jahre", sagten sie mir. Ich erinnerte mich, dass wir eine solche Impfung gegen Gelbfieber benötigt hatten, als wir uns vor acht Jahren in Bombay einschifften, um über Südafrika nach Europa zu gelangen. Wo aber war das Dokument, das dies bestätigte? Nach acht Uhr wollte ich versuchen, die deutsche Botschaft in Delhi anzurufen und um Hilfe zu bitten. Vorläufig konnte ich nichts anderes tun als abzuwarten. ln meiner Verzweiflung begann ich einen Brief zu schreiben, den ich an "Herrn Sai Baba" adressierte:
"Dear Sir"- schrieb ich auf Englisch- "Ich befinde mich in einer ganz furchtbaren Lage. Aus Kolumbien gekommen, um Sie zu sehen, sitze ich nun in einer Quarantäne-Klinik in Neu-Delhi fest, weil mir der Impfnachweis für Gelbfieber fehlt. Wie unglücklich ich bin, dass ich nicht zu Ihnen kommen kann, ist kaum zu sagen. Die Quarantäne dauert 14 Tage und ich muss zwingend in 18 Tagen in Frankfurt sein, um meine noch kleinen Söhne, die alleine von Bogota nach Deutschland fliegen, in Empfang zu nehmen. Ich habe im Buch ,Der Heilige und der Psychotherapeut' gelesen, dass nur diejenigen in Ihren Aschram kommen dürfen, die Sie ausdrücklich gerufen haben.
Offensichtlich ist das bei mir nicht der Fall. Ich bin Mutter von zwei Söhnen, führe eine schwierige Ehe und bin mitten in einer schweren Existenzkrise. Ich suche Gott mit meiner ganzen Seele. Ich muss eine Antwort finden für meine Familie. Ich hoffte, diese Antwort von Ihnen zu erhalten. Natürlich bin ich nicht würdig, zu den Füßen eines Heiligen zu kommen. Ich habe keinerlei Verdienste und so viel Schuld. Aber im Buch, das ich in der Hand halte, steht geschrieben, dass, wenn man auf das Göttliche zugeht, man dessen nicht notwendigerweise würdig sein muss. Man muss es nur brauchen. Ich brauche es sehr. Ich bitte Sie: Helfen Sie mir!
Am Morgen werde ich meine Botschaft anrufen. Wenn Sie mich hier herausholen, verstehe ich dies als Ihr Einverständnis für einen Besuch bei Ihnen. Andernfalls bitte ich um eine Rückkehr in die Heimat mit dem erst möglichen Flug. Es hat keinen Sinn, 14 Tage in einer Zelle zu verbringen. Die verbleibende Zeit würde nicht genügen, um bis nach Puttaparthi zu kommen.
Ich danke Ihnen und grüsse Sie.
Was meinen Sie, lieber Leser, wird "Herr Sai Baba" das Problem lösen?
Kartoniert, 334 Seiten