Der lebendige Gott

Immer wieder wurde Kasturi von Baba aufgefordert über spirituelle Themen zu sprechen. In diesem Buch sind 29 Vorträge von ihm zusammengefasst, die er vor Sai Devotees hielt. Sie geben Einblick in die grosse Erzählkunst von Kasturi. Seine elegante, humorvolle und leichtverständliche Art, tiefgründige spirituelle Zusammenhänge aufzuzeigen und Babas Göttlichkeit ans Licht zu bringen sind hohe Kunst. Als kleines Beispiel dafür sei hier eine von vielen Geschichten erwähnt, die Kasturi in seinem 12. Vortrag (Seite 90) erzählt: Die Geschichte von "Kalkutta".
"Eine Frau in Kerala hatte einen einzigen Sohn. Er fand eine Arbeit in Kalkutta. Er heiratete, denn er fürchtete sich vor der Ferne, und er zog mit seiner Frau nach Kalkutta. Dort lebten sie in einer Wohnung im 8. oder 9. Stock. In der Firma, bei der der Mann angestellt war, wurden Gelder veruntreut, und er wurde bei der Polizei aktenkundig.
Dass er schon zu Beginn seiner Laufbahn so schlecht dastand, brachte ihn völlig aus der Fassung. Er schrieb seiner Frau einen Brief, in der er sie bat, ihn zu vergessen, und ging davon. Das arme Mädchen hatte niemanden, der sie hätte trösten oder ihr hätte helfen können, ihren Mann zu suchen. Sie rief seine Mutter an. Die Mutter war Swamis Devotee, der Sohn nicht. Er machte immer dumme Bemerkungen über Swami, wie: „Was ist denn das für einer, der sieht ja aus wie ein Film- star“, und stellte freche Fragen. Die Mutter schrieb Swami einen Brief; sie wusste nichts Besseres, und es war alles, was sie tun konnte.
Den Brief legte sie zu Hause unter Swamis Foto. Das war der Briefkasten. Und was geschah mit dem jungen Mann - Arvind hiess er? Er wanderte ziellos herum, denn auch Selbstmord ist ein Problem, nicht so einfach. Man muss einen Fluss finden oder einen tiefen Brunnenschacht und sich vor Freunden und eventuellen Rettern in Sicherheit bringen! Geht der Versuch daneben, kriegt man‘ s mit der Polizei zu tun, denn Selbstmord ist ein Verbrechen. Wenn man sterben will, muss man zusehen, dass man den Versuch nicht überlebt. Wer überlebt, wird bestraft. Der junge Mann sah nur eine einzige Möglichkeit: Er musste von der Howrah-Brücke springen und sich im Ganges ertränken. Er wollte gerade springen, als ihm jemand ins Ohr schrie: „Spring nicht! Spring nicht! Stirb nicht, komm nach Puttaparthi!“ Den Namen Puttaparthi kannte er von seiner Mutter. Er ging zur nächsten Bahnstation und kaufte eine Fahrkarte nach Bangalore. Er erzählte mir später, dass er im Zug überhaupt nicht schlafen konnte. Er konnte an nichts anderes denken als an Puttaparthi. Aus dem Geräusch der rollenden Räder hörte er nur: „Puttaparthi, Puttaparthi, Puttaparthi.“
In Bangalore angekommen, wollte er eine Fahrkarte nach Penukonda kaufen. Der Schalterbeamte wusste, dass er nach Penukonda wollte, um von dort nach Puttaparthi und zu Swami zu reisen. Darum sagte er: „Warum willst du nach Puttaparthi? Sathya Sai Baba ist hier in Whitefield.“ Aber der junge Mann hatte die ganze Zeit „Puttaparthi“ im Ohr. Darum sagte er: „Ich will nach Puttaparthi, bitte geben Sie mir eine Karte nach Penukonda.“ Er fuhr nach Penukonda und von dort nach Puttaparthi.
Swami, der in Whitefield war, kam an diesem Tag unerwartet um 18 Uhr 30 nach Puttaparthi. Kutumba Rao rannte zu ihm, wir alle hinterher. Wir fragten Swami, warum er gekommen war, ohne uns Bescheid zu geben. Swami sagte, er sei gekommen, um einige Säcke Reis für den Sommerkurs nach Bangalore zu holen! Musste Swami selbst kommen, um ein paar Säcke Reis zu holen? Er hätte jemanden schicken können; auch ein Telefonanruf hätte genügt! Wir rätselten herum, warum er gekommen war. Irgendetwas musste dahinter stecken.
Am nächsten Morgen sass dieser Mann, Arvind, im Darshan. Swami sagte: „He, Kalkutta!“, und befahl ihm aufzustehen. Er holte ihn ins Interviewzimmer und schimpfte ihn aus: „Was hast du für einen Unsinn gemacht? Weisst du, wie deine Mutter und deine Frau sich jetzt fühlen? Ich sorge dafür, dass dir nichts geschieht. Ich sorge auch dafür, dass du versetzt wirst. Du musst nicht zurück nach Kalkutta. Deine Firma hat eine Niederlassung in Madras, und ich sorge dafür, dass du nach Madras versetzt wirst. Dann bist du näher an deinem Zuhause.“ Swami sagte ihm, dass er nach Whitefield zurückginge, aber Arvind sollte noch neun Tage hier bleiben. Warum neun Tage? Swamis Pläne!
Arvind hatte nur noch wenig Geld; es reichte gerade für zwei Tage. Er musste noch neun Tage bleiben und brauchte Geld. Er sandte einem Freund in Delhi ein Telegramm und bat ihn, ihm etwas zu schicken. Als Adresse gab er an: „Arvind, in der grossen Halle, Prashanti Nilayam.“ Seiner Mutter und seiner Frau ging es sehr schlecht, weil sie nicht wussten, wo er war und was ihm zugestossen sein könnte. Sie hatten alle Freunde angerufen und gefragt, ob er vielleicht irgendwo aufgetaucht sei. Der Freund in Delhi bekam das Telegramm, in dem er um Geld gebeten wurde, und gab sofort der Mutter Bescheid, dass Arvind in Puttaparthi in der grossen Unterkunftshalle war. Innerhalb der neun Tage kamen Mutter, Frau und Freunde her. So war Swami vorgegangen, um Mutter und Ehefrau zu informieren. Sie freuten sich sehr, Arvind hier zu finden, und ich erfuhr die ganze Geschichte durch die zwei Frauen. Betet also zu Ihm, in welcher Sprache ihr wollt, tut den Brief sonst wohin - Er weiss Bescheid, denn Er ist überall."

Die grosse Erzählkunst von Kasturi
Soweit lautet die Geschichte von Kasturi. Kasturi hat diese Geschichte von den zwei Frauen erfahren. Sie enthält - trotz ihrer Kürze - alles was wir wissen müssen, um die Situation des jungen Mannes, der beiden Frauen und die spirituelle Botschaft zu verstehen:

Der junge Mann "Kalkutta" genannt:
• er muss, um Arbeit zu finden, weg von Kerala nach Kalkutta
• er heiratet, weil er sich vor der Ferne fürchtet
• er wohnt in einem Hochhaus
• er bekommt es mit der Polizei zu tun und das bringt ihn völlig aus der Fassung
• er will Selbstmord machen - aber das ist nicht so einfach: In diesen Zeilen wird die Verzweiflung des jungen Mannes besonders deutlich: Man muss einen Fluss finden oder einen tiefen Brunnenschacht und sich vor Freunden und eventuellen Rettern in Sicherheit bringen. Selbstmord ist ein Verbrechen!

Dann schildert Kasturi die Situation der beiden Frauen:
• das arme Mädchen hat niemanden, der sie tröstet oder ihr helfen könnte
• die Mutter kann in ihrer Not nur Swami einen Brief schreiben
• sie legt diesen unter Swamis Foto

Und nun die spirituelle Lehre:
Alle drei Menschen sind verzweifelt und in grosser Not, aber
• die Mutter hat bedingungslosen Glauben, dass Swami helfen kann (allmächtig ist) und
• dass Swami überall ist (allgegenwärtig - auch unter Seinem Foto)
• dass Swami alles weiss (allwissend - auch was im Brief steht)
• es ist nicht notwendig, dass man an Swami glaubt, damit geholfen wird (der junge Mann machte dumme Sprüche über Swami)
• Die verzweifelte Bitte um Hilfe der Mutter genügt
• Swami rettet den jungen Mann und zeigt ihm eine neue Richtung ("komm nach Puttaparthi")
• der junge Mann ist bereit auf die Stimme Swamis zu hören
• er befolgt die Anweisungen Swamis: Er geht nach Puttaparthi, obwohl man ihm sagt, dass Baba in Whitefield ist. Und er bleibt die 9 Tage im Ashram, obwohl Baba nicht da ist.
• Swami verheimlicht den wahren Grund seiner überraschenden Ankunft in Puttaparthi
• Swami ruft den jungen Mann mit "Kalkutta" und zeigt ihm so, dass er seine Not (Angst vor der Fremde) verstanden hat (das ist wichtig, so kann der junge Mann nachher die Schelte "Was hast du für einen Unsinn gemacht" annehmen)
• Swami hilft: Ich sorge dafür, dass dir nichts geschieht. Ich sorge dafür, dass du nach Madras versetzt wirst. Geh nach Madras, dann bist du näher an deinem Zuhause"
• Swami hilft der ganzen Familie (bleib 9 Tage), so kann die Mutter den Sohn finden und mit der Schwiegertochter kommen. Sie können sich miteinander versöhnen.
• Und die Essenz der spirituellen Botschaft wird am Schluss nochmals wiederholt: "Betet also zu Ihm, in welcher Sprache ihr wollt, tut den Brief sonst wohin - Er weiss Bescheid, denn Er ist überall."

Aus diesem Beispiel kann man lernen, wie Swami seine Devotees lehrt und beschützt. Wir erkennen aber auch, weshalb er Kasturi zu Seinem Werkzeug machte.

Artikelnummer: D1093
CHF 10.00

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